Daphne du Maurier: Rebecca

Mai 26, 2013 at 19:34 (gelesen)

Ein weiteres Buch der BBC-Liste – hat ein Weilchen gedauert, es zu lesen, aber die letzten Seiten lasen sich jetzt doch wie im Fluge. Nun muß ich nur noch bei Gelegenheit einen Blick auf die Hitchcock-Verfilmung werfen – der Trailer sieht jedenfalls vielversprechend aus, auch wenn ich mir die Hauptpersonen anders vorstelle.

„Ein mächtiges Herrenhaus an der englischen Küste wird Schauplatz eines Dramas. Frisch verheiratet mit Maxim de Winter, bekommt die junge, naive Erzählerin die Verachtung ihrer neuen Umgebung zu spüren, die sie an der Schönheit und Eleganz der verstorbenen ersten Hausherrin Rebecca messen. Ihr Leben wird zum Albtraum, doch als die Leiche Rebeccas auftaucht, wird alles nur noch schlimmer.“

„Rebecca“ wird immer wieder als hübsch gruselig beschrieben, und gothic novels mag ich auch recht gern, insofern habe ich die besonders ansehnliche Fischer Klassik-Ausgabe äußerst wohlwollend zu lesen begonnen. Der von den Ereignissen überschattete Einstieg, das Kennenlernen von Maxim de Winter und der (namenlosen) Ich-Erzählerin in Monte Carlo, all das las sich auch sehr gut. Das Paar trifft dann auf Manderley ein, worauf ich sehr gespannt war. Das düstere Haus mit seinen mehr oder weniger sinistren Bewohnern ist ebenso wie die nähere Umgebung sehr atmosphärisch geschildert. Beschreibungen sind du Maurier generell ziemlich gut gelungen – die Landschaften kann ich mir auch sehr schön verfilmt vorstellen – und eine Person wie die geradezu besessene Haushälterin Mrs Danvers haben offenbar viele Leser nicht vergessen.

Der Roman, verfaßt 1938, versetzte mich stimmungsmäßig trotzdem immer mal wieder ins 19. Jahrhundert, manchmal war ich kurz irritiert, wenn dann doch wieder einmal Telefone und Flugzeuge erwähnt wurden 😉 Immer wieder wird er mit „Jane Eyre“ verglichen, und die gedankliche Verbindung stellte auch ich her, vor allem weil es noch nicht lange her ist, daß ich es gelesen habe. Einige Parallelen wie ein Brand drängen sich schon etwas auf, trotzdem war „Jane Eyre“ für mich eine ganz andere und deutlich bessere Leseerfahrung.

Das liegt besonders an der Protagonistin, die größtenteils einen überforderten Eindruck hinterlassen hat. Was mir zu Beginn noch plausibel erschien – ihre Jugend und Naivität -, steigerte sich dann zu derartig unvernünftiger Blödheit, daß sich das in meinen Augen nicht mehr durch Unerfahrenheit entschuldigen ließ. Um die Mitte des Buches näherte meine Geduld sich so langsam dem Ende, auch weil die Handlung sich sehr zog. Da ist zwar Rebecca, der Schatten im Hintergrund, aber lange Zeit geschieht sehr wenig.

Gerade als mich die Ballszene dann wirklich geärgert hat, schwenkte das Buch allerdings wieder um und wurde, man glaubt es kaum, doch wieder ziemlich gut. Es kommt nicht nur zu einem Wendepunkt in den Geschehnissen, sondern es wird im letzten Drittel auch sehr spannend (deshalb habe ich es heute auch in einem Rutsch ausgelesen). Allein der Schluß ist zwar gelungen, aber mir fast etwas zu hastig gewesen. Als Ausgleich habe ich dann einfach die ersten Seiten noch einmal gelesen…

Alles in allem mochte ich „Rebecca“, aber es hat mich nicht beeindruckt. Einige Szenen sind sehr dicht und beklemmend und bleiben im Gedächtnis, andere plätschern ohne Höhepunkt dahin. Die Dialoge fallen stilistisch leider oft gegenüber den beschreibenden Teilen ab; der häufigste Satz im Buch ist demnach dann auch „‚Ja‘, sagte ich.“ Dies ist gerne auch gleich fünfmal auf einer Seite zu lesen.

„Da war Manderley, unser Manderley, schweigend, verschwiegen, wie es immer gewesen war; das graue Gestein schimmerte im Schein meines Traummondes, die hohen zweiteiligen Fenster spiegelten das Rasengrün, die Terrasse wider.“

6 Kommentare

  1. Winterkatze said,

    Die namenlose Protagonistin ist wirklich eine schüttelnswerte Figur und hätte sie nicht am Ende doch noch so etwas wie Haltung entwickelt, hätte mich der Roman auch recht enttäuscht zurück gelassen. Aber zum Glück bekommt die Autorin diese Wendung dann doch noch irgendwann auf die Reihe. Was ich allerdings wohl nie so ganz verstehen werde, ist die Trauer um Manderley, das sie doch eigentlich immer als zu groß und zu „schön“ für sich empfunden hat …

    • Mila said,

      „schüttelnswert“ ist ein sehr gutes Wort, das werde ich in meinen aktiven Wortschatz aufnehmen.

  2. Kiya said,

    Das stimmt, diese Haltung war mir auch nicht ganz verständlich – das hängt aber damit zusammen, daß dieser Schluß so kurz gefaßt war und dem Leser über die Zeit direkt danach nichts mehr mitgeteilt wird.
    Und daß das letzte Drittel noch mal so gut wird, hätte ich nach dem mauen Mittelteil wirklich nicht mehr erwartet 🙂
    Kennst du den Film? Es ist so eines dieser Bücher, die als Film gewinnen könnten (ging mir beim Gatsby ähnlich – mal sehen, was ich morgen nach dem Kinobesuch dazu sage), finde ich.

  3. Winterkatze said,

    Naja, sie hat die Schönheit des Anwesens ja schon vor ihrer Ehe bewundert und es gab landschaftliche Punkte, die ihr ans Herz gewachsen sind, aber trotzdem passte es für mich nicht ganz.

    Den Film habe ich noch nicht gesehen, die Bibliotheks-DVD hat sich in unserem Player nicht abspielen lassen. Sehr schade, denn ich hatte kurz vorher erst das Buch gelesen, in dem Hitchcock über sein Leben und seine Arbeit erzählt und fand es spannend, dass er nur das Drehbuch kannte und sich mit dem Roman nicht beschäftigt hatte, bevor er den Film drehte.

  4. Mila said,

    „Allein der Schluß ist zwar gelungen, aber mir fast etwas zu hastig gewesen. Als Ausgleich habe ich dann einfach die ersten Seiten noch einmal gelesen…“ Was für ne geile Strategie ist das denn? 😀

  5. Kiya said,

    Naja, es war eben so lange her, daß ich den Anfang gelesen hatte… Und da das Buch mit der Rückschau beginnt, hat diese Strategie sich tatsächlich als sinnvoll erwiesen 😉

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