Kathrin R. Hotowetz: Im Schatten der Hexen
„Oh ja“, sagte die Großmutter. „Es gibt Hexen.“
Die Reihe „Im Schatten der Hexen“ von Kathrin R. Hotowetz ist in den letzten Jahren auf sieben Bücher, diverse Begleitbände zu Rauhnächten und Kräuterkunde, Wandertouren und insgesamt eine Art Tourismuskonzept rund um den Harz, sein Brauchtum und die Geistmühle Halberstadt angewachsen. In dieser frühmittelalterlichen Klostermühle vermietet die Autorin heute Ferienwohnungen.
Ich habe mit größerem Abstand nun die ersten beiden Bände gelesen, „Hexenring“ und „Hexenjahr“. „Hexenring“ kam auf verschlungenem Wege in unseren Haushalt, denn mein Mann erhielt es mit einer Widmung von einem Verwandten der Autorin als Geschenk. Ich habe das Buch 2018 gelesen. Den zweiten Band hat er dann selbst mit einer Signatur der Autorin von der Buchmesse mitgebracht. Die Reihe läuft unter dem Etikett „mystische Harz-Krimis“. Ich mag einen gewissen Mystik-Anteil in Krimis sehr gerne, trotzdem wäre ich ohne diese Umstände wohl nicht auf die Bücher gestoßen.
Es geht um Gerda Hoffmann, die ihren Enkelkindern alte Geschichten aus den Wäldern erzählt, um die Polizisten Joachim Breitner und Sabine Bellmann, die sich mit Vermisstenfällen beschäftigen, und es geht um Hexen, die in der Vergangenheit die Menschen bedrohten und es nun, Jahrhunderte später, wieder tun.
Dinge, die ich mochte:
- allen voran die Genremischung – interessant verbunden sind Krimiaspekte durch die beteiligten Ermittler, unheimliche, auch mal blutige Szenen, lokale Mythen und Legenden – hier gibt es für die Folgebände noch viele Möglichkeiten, weitere Aspekte einzubinden
- die Atmosphäre der Harzregion, die in vielen Erzählsträngen erzeugte Spannung, guter Lesefluss, einige wirklich gelungene Beschreibungen der Natur
- im letzten Jahr habe ich mich ein wenig mit Folk Horror beschäftigt, meist britisch geprägt – die Reihe hat mich darüber nachdenken lassen, wie Folk Horror deutscher Prägung sich gestalten kann
- die Figuren sind etwas altbacken, auch was die Namen angeht, aber im Grunde abwechslungsreich – ältere, jüngere, Kinder, Frauen, Männer, verschiedene Berufsgruppen; sie entwickeln sich weiter; in den nächsten Bänden hoffe ich, dass es gelingt, Sabine nicht zur Mary Sue zu steigern
Dinge, die ich weniger mochte:
- stilistische Schnitzer, Dialoge lesen sich oft hölzern – Kommafehler sind häufig, der Ausdruck klingt immer wieder plump; zuletzt im zweiten Band fand ich auch die moderne Ausdrucksweise der Hexen in einer Szene sehr unpassend; immerhin: ab Band 2 wird ein Lektorat genutzt
- der Grundplot des ersten Bandes ist nicht neu (ab und zu habe ich an „Valentina und die dreizehnte Nacht“ und die Folgebände gedacht), aber die Geschichte ist geeignet, mit weiteren Bänden an Komplexität zu gewinnen
- deutsche Regionalkrimis erliegen häufig der Versuchung, dümmlichen Humor einzubauen – das ist hier nicht der Fall
- beim ersten Band erinnere ich mich nicht mehr genau, es ist zu lange her, aber beim zweiten fand ich, dass am Ende nicht ganz aufgelöst wurde, was aufgebaut worden war; da wurde einiges am Ende zu schnell und glatt erklärt
- es ist zwar schön, dass die Ereignisse in früheren Jahrhunderten wurzeln, aber ich mag die Handlungsstränge in der Gegenwart lieber, zumal es nicht unbedingt gelingt, ein glaubwürdiges Bild des 17. Jahrhunderts zu zeichnen
Wie so oft fällt es mir besonders leicht, über Bücher zu schreiben, bei denen mir sowohl positive als auch negative Aspekte auffallen. Ich habe die beiden Bände von „Im Schatten der Hexen“ trotz der Kritikpunkte gerne gelesen und werde mich auch in Band 3 („Ahnenreise“) vertiefen, aber es ist schon deutlich, dass Dialoge nicht unbedingt die Stärke der Autorin sind – es bleibt ein Krimi, der wirklich ein Korrektorat vertragen hätte, der aber unterhaltsam geschrieben ist und durchaus Lust macht, die Region einmal zu besuchen.
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